Der Alte Friedhof in Neuburg, einem Stadtteil von Freiburg im Breisgau, ist ein 2,65 ha großer stillgelegter Friedhof mit parkartigem Charakter und einer der ältesten noch in seiner Gesamtheit erhaltenen Friedhöfe in Deutschland. Er befindet sich in der Nähe der Ludwigskirche, wird aber meistens fälschlicherweise Herdern zugeordnet. Es sind ungefähr 1200 Grabmale vorhanden, von denen etwa die Hälfte erhaltenswert sind. Um die Erhaltung und Pflege kümmert sich ein Förderverein.[1] Der Friedhof ist vom Denkmalschutz als Kultur- und Naturdenkmal[2] eingestuft und ein Zeugnis von Totenkult, Stadtgeschichte und Stilepochen des 17. und 18. Jahrhunderts.
Man findet hier nicht nur individuelle und künstlerische Grabstellen des Bürgertums, sondern bekommt auch einen Einblick in das Glaubensbewusstsein dieser Zeit, beginnend im Barock bis zum Neoklassizismus.
Der Alte Friedhof wurde im Jahr 1683 eingerichtet als Ersatz für den durch den Festungsbau Vaubans zerstörten Friedhof bei der ehemaligen St. Nikolauskirche. Dieser wiederum hatte seit 1515 den Friedhof um das Freiburger Münster herum ersetzt, welcher wegen Seuchengefahr auf Anregung Kaiser Maximilians geschlossen worden war.[3] Dennoch war es bis 1784 möglich sich gegen einen Obolus „zum Besten des Münsterbaus“ eine Grabstätte am Münster zu erkaufen.[4] Wegen der Festungsanlagen wurde der Friedhof relativ weit außerhalb der befestigten Stadt angelegt. 1683 wurde der Friedhof gesegnet; seit dieser Zeit bis in das Jahr 1872 wurden hier Freiburger Bürger beigesetzt. Die letzte Beisetzung fand Allerheiligen 1872 statt.[4] Danach fanden und finden Beisetzungen auf dem jetzigen Hauptfriedhof und weiteren städtischen Friedhöfen statt.
1711 wurde der Alte Friedhof erstmals erweitert, 1725 die Michaelskapelle[5] als Friedhofskapelle geweiht. 1745 wurden die Festungsmauern von den französischen Truppen geschleift.
Das große Friedhofskreuz aus Buntsandstein stand ursprünglich auf dem Kirchplatz des Münsters und wurde im Januar 1786[6] hierhin vor die Michaelskapelle umgesetzt. Dieses Kreuz hat eine Besonderheit: Anstelle des Schädels des „Alten Adam“, wie er sich am Fuße vieler Kreuze findet, ist hier ein Totenschädel mit einer leeren Augenhöhle, spärlichen Haaren auf dem Kopf und einem Nagel vom linken Backenknochen zum Mund angebracht, aus dessen Kieferhöhle eine steinerne Kröte schaut.
Die Geschichte des Schädels ist die Geschichte eines angeblichen Mordes, der sich in Freiburg zugetragen haben soll. Nahe beim Christoffeltor, dem Stadtausgang nach Norden, etwa beim heutigen Siegesdenkmal, hatte einst ein alter Schmied gewohnt, dessen junge Frau und der von ihr geliebte Schmiedegeselle den Meister ermordet haben sollen, indem sie ihm einen Nagel in den Kopf schlugen; die Mordwaffe versteckten sie unter den Haaren des Opfers. Bald darauf heirateten sie unbehelligt. Aus Platzmangel wurde einige Jahre später die Leiche exhumiert und einer der Totengräber fand, durch eine Kröte aufmerksam geworden, den Nagel im Kopf. Er meldete das beim Stadtrat und dadurch wurden die beiden Mörder überführt.
1828 und 1859 wurde der Friedhof nochmals erweitert. 1944 wurde der Friedhof durch Bombardierungen während des Zweiten Weltkriegs stark beschädigt, ebenso der Freiburger Totentanz in der Vorhalle der Michaelskapelle.
Am 28. Oktober 1955 wurde er als flächenhaftes Naturdenkmal mit der Schutzgebietsnummer 83110000019 ausgewiesen.[7]
Er wurde 1963 rekonstruiert und 2012 restauriert.
Am 26. Dezember 1999 fällte der Orkan Lothar eine Platane, die nun im Liegen weiter grünt. Eine Gedenktafel weist darauf hin, u. a. mit dem Zitat: „Denn für den Baum besteht noch Hoffnung, ist er gefällt, so treibt er wieder, sein Sprößling bleibt nicht aus.“ (Hiob 14,7 EU).[8]
2016 wurden 40 Grabsteine wegen mangelnder Standfestigkeit vorübergehend entfernt und zum Jahresende wieder auf neue Sockel gestellt. Manche Sandsteine müssen allerdings vorher in der Werkstatt restauriert werden.[9]
Anfang 2019 wurden 35 Bäume gefällt, die entweder zu dicht standen oder geschädigt waren.[10]
Dass der Friedhof in dieser Form noch existiert, ist Johann Christian Wentzinger zu verdanken, der sein Vermögen dem Freiburger Stiftungsfond nur unter der Bedingung vererbte, dass sein Grab auf ewige Zeiten auf dem Alten Friedhof gesichert sei.
Bekannt ist zudem das Grab der Caroline Christine Walter aus Opfingen von Anton Burghart.[11] Diese junge Frau verstarb mit 17 Jahren im Jahre 1867; seitdem ist es beinahe täglich mit frischen Blumen geschmückt. Um die rätselhaften Spender der Blumen gibt es in Freiburg viele Legenden.
Auf seinem Grabstein, der der heute allerdings unter dem Dach der Einsegnungshalle des Friedhofs in Staufen steht, findet sich die von ihm selbst verfasste Inschrift:
Vieles hat er bestimmt mathematisch mit Ziffer und Buchstab. Aber die Stunde des Tods bleibt unbekannter als x.
Karl von Rotteck (* 18. Juli 1775; † 26. November 1840), Historiker und liberaler Politiker (älterer Teil der Südmauer)
Ferdinand Stein (1791–1835), Großherzoglich-badischer Regierungsrat, Autor der ersten umfassenden Darstellung der Stadt Lahr/Schwarzwald
Johann Heinrich David von Hennenhofer (* 1793; † 1850), badischer Diplomat; sein Grabmal wurde entfernt, da er als „mutmaßlicher Mörder Kaspar Hausers“ gilt und diese Grabstätte deshalb regelmäßig geschändet wurde.
Johann Karl Knie (* 12. August 1813; † 7. Dezember 1860) aus dem Breisacher Circus Knie, der bei einer Vorführung auf dem Münsterplatz vom Hochseil abstürzte.
Der Förderverein Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofes in Freiburg i. Br. e. V. hat ungefähr 300 Mitglieder. Mitinitiator war das Freiburger Unternehmen Alexander Bürkle, welches zum 100. Firmenjübiläum der Alexander-Bürkle-Gruppe im Jahr 2000 die Gründung des Vereins anregte.[12] Durch die Arbeit des Vereins konnten bereits mehr als 150 Grabsteine restauriert werden.[13] Im Jahr 2009 wurde der Verein „vorbildliche private Initiative in der Denkmalpflege“ durch die Landesdenkmalstiftung ausgezeichnet.[1][14] Gemäß der Satzung werden folgende Zwecke verfolgt:
Restaurierung und Instandhaltung der Grabmale und Kapelle
Pflege der Parkanlagen und Parkbäume
Wissenschaftliche Forschung der Sepulkralkultur
Freiburger Familienforschung bezüglich des Alten Friedhofes
Erstellung eines Informationssystems für den Alten Friedhof
Adolf Poinsignon: Die alten Friedhöfe der Stadt Freiburg i. Br. In: Adreßbuch der Stadt Freiburg 1890, S. 1–23
Hanns Reich: Wie die Alten den Tod gebildet. Grabkunst auf dem Alten Friedhof zu Freiburg im Breisgau. Freiburg 1948
Julius Dorneich: Der Alte Friedhof in Freiburg im Breisgau. Freiburg 1967
Ingeborg Inhoffen: Über dem tieferen Schlaf. Bilder und Gedanken zu einem alten Friedhof. Freiburg 1978, ISBN 3-921340-30-6
Ingrid Kühbacher: Sie lebten in Freiburg. Erinnerungen beim Gang über den Alten Friedhof. Freiburg 1987, ISBN 3-89155-057-X
Adolf J. Schmid: „Die Stunde des Todes bleibt unbekannter als x“. Ein Gang durch den alten Friedhof in Freiburg. In: Badische Heimat 75 (1995), S. 517–528.
Michael Klant: In einer andern Welt. Der Alte Friedhof. In: Skulptur in Freiburg. Kunst des 19. Jahrhunderts im öffentlichen Raum. Hrsg. von Michael Klant, Freiburg 2000, ISBN 3-922675-77-8, S. 92–102
Anita Halter: Efeukranz und Lilienkelch. Symbole der Hoffnung und Trauer auf dem Alten Friedhof in Freiburg im Breisgau. Kandern 2003, ISBN 3-934163-04-1
„Der Alte Friedhof der Stadt Freiburg“, 2019, Gesellschaft der Freunde und Förderer des Alten Friedhofs in Freiburg, Rombach, ISBN 978-3-7930-5184-8[16]
Zur Michaelskapelle:
Friedrich Kempf: Die St. Michaels-Kapelle auf dem alten Friedhofe. In: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. Freiburg 1898, S. 382–385 (Digitalisat).
Josef Dotter: Die Malereien in der Kapelle auf dem alten Friedhof zu Freiburg i. Br. In: Schau-ins-Land 64 (1937), S. 3–36.
Joachim Faller: Zur Außenbemalung der St. Michaelskapelle auf dem Freiburger „Alten Friedhof“. In: Schau-ins-Land 127 (2008), S. 47–59, Digitalisat
↑ abDer alte Friedhof (Memento vom 12. Dezember 2015 im Internet Archive) (PDF; 131 kB), Nicole Kemper, Chilli, Freiburger Stadtgeschichten Teil 30, Dezember Januar 2007/2008
↑Sie ist nicht zu verwechseln mit der alten Michaelskapelle, welche ungefähr an der Stelle des heutigen Siegesdenkmals stand (Hans-Georg Wehrens: Freiburg i. Br. Holzschnitte und Kupferstiche 1504–1803, Freiburg 2004, S. 76) und welche 1318 zum ersten Mal erwähnt wurde.(Freiburg und seien Bauten, Badischer Architecten- und Ingenieur Verein, Freiburg 1898, S. 407–414).
↑Freiburg und seine Bauten, Badischer Architecten- und Ingenieur Verein, Freiburg 1898, 407–414 und Chronikblätter der Stadt Freiburg, Beilage zum Adressbuch (1897), S. 19.
↑Michael Klant: Vergessene Bildhauer. In: Skulptur in Freiburg. Kunst des 19. Jahrhunderts im öffentlichen Raum, Freiburg 2000, ISBN 3-922675-77-8, S. 167.
↑Verena Amer, Swetje Bolduan, Irene Plein, Katrin Ruf. Denkmalpflege in Baden-Württemberg, Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege, 38. Jahrgang 4/2009, S. 202, 203 online