Attribut, deutsch auch Beifügung oder Satzgliedteil, ist ein Begriff aus der Grammatik und bezeichnet im engen Sinn einen Ausdruck, der von einem Substantiv grammatisch abhängt. In diesem Sinn nennt man das Adjektiv schnell in „schnelles Auto“ ein attributives Adjektiv, im Gegensatz zum prädikativen Gebrauch in dem Satz „Das Auto ist schnell“.
In einem weiteren Sinn ist von Attributen jedoch auch mit anderen Arten von Bezugswörtern die Rede, z. B. für Konstruktionen mit einem Adjektiv oder Adverb („erstaunlich weit“ bzw. „weit oben“; potenzielle Attribute kursiv). Hier ist der Sprachgebrauch schwankend, ob solche Angaben als Attribute oder als Adverbiale bezeichnet werden. Nur Ausdrücke, die von einem Verb abhängen, werden in der deutschen Grammatik nicht als Attribute bezeichnet, weil dies genau die Elemente sind, die als Satzglieder bezeichnet werden. (In der französischen oder spanischen Grammatiktradition herrscht aber teilweise ein anderer Sprachgebrauch, der von Attributen auch auf der Satzebene spricht.)
In manchen deutschen Grammatiken werden die Bezeichnungen (Satz-)Gliedteil und Attribut als gleichbedeutend verwendet, wogegen andere (etwa die Dudengrammatik (2009)[1]) dies ausdrücklich vermeiden. Das Problem ist, dass im Vergleich zu Attribut die Bezeichnung „Satzgliedteil“ eine weiter gefasste Bedeutung haben müsste, wenn sie wörtlich verstanden wird. Denn zum einen besitzt der Begriff Attribut eine enge Deutung, in der er nur für Zusätze zu einem Substantiv gilt; folglich würden Teile von nicht-substantivischen Satzgliedern dann außerhalb davon stehen. Beispiel:
Zweitens soll in der Regel auch bei substantivischen Satzgliedern nicht jeder beliebige Teil davon Attribut heißen, sondern nur Ergänzungen oder Angaben zum Kern des Satzglieds. Beispiel:
In seinem engeren Sinn ist der Begriff Attribut eingeschränkt auf Ausdrücke, die von einem Substantiv abhängen. In der Regel sind es Zusätze, die vom Substantiv als grammatische Ergänzung verlangt werden oder als freie Zusätze (Angaben) nähere Beschreibungen enthalten.[2][3] (Die Rolle eines beschreibenden Zusatzes steht in Übereinstimmung mit der Wortherkunft aus dem philosophischen Begriff Attribut).
Funktionswörter sind in der Regel keine Attribute, insbesondere der Artikel ist keines. Allerdings wird das Possessivum („Possessivartikel“) als Attribut bezeichnet, z. B. in „ihre Jacke“.[4] Die Einordnung von Fokuspartikeln wie sogar wird nicht einheitlich gesehen, auch sie gelten aber eher nicht als Attribute.[5]
(Partikel) | (Artikel) | Attribut: Adjektiv | (Kern) | Attribut: Genitiv-Ergänzung | Attribut: Präpositional-Angabe |
---|---|---|---|---|---|
Sogar | die | neueren | Teile | des Ortes | auf dem Hügel |
Ein adjektivisches Attribut kann seinerseits zusammengesetzt sein, zum Beispiel:
Hier ist unerwartet eine nähere Bestimmung zum Adjektiv heftig, der gesamte Ausdruck unerwartet heftige ist das Attribut zum Substantiv (als eine Adjektivphrase). Das Adjektiv unerwartet ist selbst kein Attribut zum Substantiv Flut, daher wird es hier nicht flektiert (gebeugt). Werden beide Adjektive in flektierter Form gesetzt, entsteht stattdessen eine andere Konstruktion, nämlich eine Reihung aus zwei Attributen: unerwartete, [und] heftige Flut. Diese Konstruktion hat dann auch eine andere Bedeutung.
Attribute können nach ihrer Stellung unterschieden werden in vorangestelltes Linksattribut und nachgestelltes Rechtsattribut. Die Position ist vor allem abhängig von der Wortart des Attributs. Die folgenden Beispiele verdeutlichen die möglichen Konstruktionen (die Attribute sind in den Beispielen durch Kursivschrift, die Bezugswörter durch Fettschrift markiert):
Diese sind meistens, aber nicht in allen Fällen, Linksattribute:
Zu den Flexionsformen bei attributiven Adjektiven siehe unter Deutsche Deklination#Adjektive und Ordinalia.
Substantivische Attribute sind als Links- oder Rechtsattribute möglich.
Substantive als Attribute können Genitiv-Ergänzungen sein, siehe unter Genitiv#Genitiv zur Markierung von Attributen.
Im heutigen Deutsch kommen fast ausschließlich Eigennamen als Genitiv-Linksattribut vor. Im älteren Deutsch wurden Genitivergänzungen genereller als Linksattribut benutzt, vgl. die Wendung „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.“
Ein weiterer Typ von substantivischem Attribut ist die Apposition, die keine Ergänzung oder Beschreibung ist, sondern einer genaueren Bestimmung des Bezugs dient:
Der Kasus von Appositionen ist uneinheitlich, siehe den verlinkten Artikel.
Ausschließlich Rechtsattribute:
Siehe auch: Adverb#Nicht-adverbiale Verwendungen von Adverbien. Siehe außerdem den Begriff adverbielles Attribut unter: Adverbiale Bestimmung#Adverbial und Attribut.
Rechtsattribute:
Attributsätze erscheinen als Rechtsattribute oder ans Satzende ausgelagert (siehe am Ende des nächsten Abschnitts). Häufig erscheinen in dieser Funktion Relativsätze, aber nicht alle Attributsätze sind Relativsätze, und nicht alle Relativsätze sind Attributsätze.
Attribute sind Wortgruppen, die bei der Umstellprobe meistens ihre Stellung bezüglich eines Substantivs nicht verändern, sondern nur zusammen mit dem ganzen Satzglied im Satz umgestellt werden. Zum Beispiel kann die ganze Wortgruppe „Ein rotes Tuch“ im Satz vorangestellt werden, und so als Satzglied erwiesen werden; das Adjektiv kann jedoch als Attribut nicht aus dem Satzglied herausgezogen und allein vorangestellt werden:
Sarah trägt ein rotes Tuch. ↔ Ein rotes Tuch trägt Sarah. *nicht: Rotes trägt Sarah ein Tuch.
Teilweise kann allerdings umgekehrt ein Adjektivattribut zurückbleiben, wenn ein Substantiv vorangestellt wird, zumindest bei indefiniten Ausdrücken im Plural (sogenannte „gespaltene Topikalisierung“):
Tücher trägt Sarah nur rote.
Diese Fälle stellen ein Problem für die traditionelle Satzglieddefinition dar.
Außerdem können Relativsätze, Infinitivgruppen und manchmal Präpositionalgruppen im Satz von dem Substantiv getrennt werden, auf das sie sich beziehen, indem sie im Nachfeld erscheinen:[6]
Das Risiko ist groß, entdeckt zu werden. Ich habe eine Frau gesehen, die ein rotes Tuch trug. Relativsätze können von dem Substantiv getrennt werden, auf das sie sich beziehen.
Die Definition des Attributs als Ausdruck, der von einem Substantiv abhängt, stellt die ursprüngliche Definition dar. Besonders in Grammatiken ab Mitte des 20. Jahrhunderts ist aber über mögliche Ausweitungen des Begriffs nachgedacht worden.[7]
In seinem Buch Die innere Form des Deutschen (1952)[8] prägte Hans Glinz die Bezeichnung „Satzgliedteil“, verstand jedoch darunter buchstäblich alle beliebigen Teile von Satzgliedern. Diese Bezeichnung wurde danach oft mit „Attribut“ gleichgesetzt, wobei unterschiedliche Neuinterpretationen vorgenommen wurden.[9] Beispielsweise wurden in der Dudengrammatik von 1984 alle Satzglied-Teile als Attribute bezeichnet, einschließlich des Artikels; dies wurde in der Version von 1998 modifiziert, indem die allgemeine Kategorie zwar beibehalten wurde, man sich aber vom Gebrauch des Terminus „Attribut“ dafür distanzierte.[10] Seit der Dudengrammatik 2009 wird weiterhin ein allgemeinerer Begriff des „Gliedteils“ genannt, der Begriff Attribut wird im Gegensatz dazu aber ausdrücklich für Einheiten reserviert, die von einem Substantiv abhängen.[11]
Als Eckpunkte des Sprachgebrauchs kann man festhalten, dass Ergänzungen und Angaben, die von einem Substantiv abhängen, immer, und Ergänzungen und Angaben, die von einem Verb abhängen, nie als Attribute zählen sollen (siehe unten für den Fall eines Sprachgebrauchs, der dennoch hiervon abweicht).
Über die Behandlung des Zwischenbereichs existieren unterschiedliche Vorstellungen, also über die Ergänzungen oder Angaben zu Adjektiven, Adverbien, Pronomen, Präpositionen und unterordnenden Konjunktionen. Verschiedene Grammatiken schließen diese Fälle prinzipiell aus dem Attributbegriff aus.[12] Andererseits gibt es für nahezu jeden dieser Fälle auch irgendeine Arbeit, die sich für die Einordnung als Attribut ausspricht. Fuhrhop & Thieroff (2005)[13] resümieren: „Die einzigen Wortarten, die, neben dem Verb, bis heute von Attributen verschont geblieben sind, sind die subordinierende Konjunktion und die koordinierende Konjunktion“ – diese Autoren sprechen sich aber anschließend selbst dafür aus, auch Angaben bei subordinierenden Konjunktionen als Attribute zu bezeichnen. Für modifizierende Ausdrücke (Angaben) wie z. B. Adjektive, die beim Substantiv zu den besonders typischen Attributen gehören, lässt sich nämlich feststellen, dass sie auch bei anderen Kategorien in ähnlicher Funktion stehen können. Insbesondere Adverbien, Präpositionen und adverbiale Konjunktionen können in paralleler Weise als Bezugsausdruck dienen:
Ferner dienen Adjektive als Angaben zu Adjektiven, wie in unerwartet heftig. – Befürworter eines weitgefassten Begriffs von Attribut könnten also alle diese Fälle einbeziehen (obwohl Präpositionen selten genannt werden und Konjunktionen sonst offenbar nie). Mehrheitlich wird jedoch der Gebrauch eines Adjektivs, das ein anderes Adjektiv oder noch andere Wortarten modifiziert, als adverbieller Gebrauch bezeichnet,[15] so dass der Ausdruck „attributives Adjektiv“ in aller Regel ein Adjektiv meint, das ein Substantiv begleitet.
Ebenso wäre es möglich, parallel zu den Ergänzungen der Substantive auch Ergänzungen von Adjektiven oder sogar von Präpositionen als Attribute einzubeziehen, vgl. „der Wert des Buches“ (Genitivattribut beim Substantiv) – „(das Buch ist) sein Geld wert“ (Akkusativergänzung beim Adjektiv). Dies wird für die Ergänzungen der Adjektive nur vereinzelt vorgeschlagen[16] und für die Ergänzungen der Präpositionen noch seltener.[17]
Insgesamt ist somit zu sehen, dass über den Zuschnitt eines Begriffs Attribut in einem weiten Sinn keine Einigkeit besteht.
Unter anderem in der französischen Grammatik werden auch solche Satzteile traditionell als Attribut bezeichnet, die selbständig im Satz stehen, also vom Prädikat des Satzes abhängen, und dem Subjekt oder Objekt des Satzes eine Eigenschaft zuschreiben (attribut prédicatif, attribut de l'objet etc.[18]).
Ein deutsches Beispiel von solcher Art ist: „Gustav kam schweißgebadet an“ (die Bedeutung ist: „Gustav war schweißgebadet, als er ankam“). Im Deutschen ist die Verwendung der Bezeichnung „prädikatives Attribut“ für ein solches Adjektiv nicht Standard, ist aber vereinzelt anzutreffen.[19] Eine gängige deutsche Bezeichnung für diesen Typ ist „freies Prädikativum“; siehe hierzu insgesamt den Artikel Prädikativum.