Sie sind Töchter des Zeus und der Eurynome und heißen Euphrosyne („die Frohsinnige“), Thalia („die Blühende“) und Aglaia („die Strahlende“). Sie brachten den Menschen und den Göttern Anmut, Schönheit und Festesfreude.
Der Name leitet sich laut Cornutus, de natura deorum, aus altgriechischχαράchará, deutsch ‚Freude‘ ab, das Verb dazu ist χαίρεινchaírein, deutsch ‚sich freuen‘.
Der römische Philosoph Seneca fasst die Bewegungen der drei Grazien als vollständige Darstellung der Großmut auf[1].
Anderen Genealogien zufolge werden die Chariten auch als Töchter von Nyx und Erebos, Hekate und Hermes oder jene der Nymphe Aigle und des Sonnengottes Helios (lt. Antimachos[6]) bezeichnet. Als Mondgottheiten (s. u.) sollen sie wiederum Uranos zum Vater haben.[7]
Bei Nonnos von Panopolis Dionysiaka treten Dionysos und Hera als Eltern auf.[8]
In der römischen Mythologie sind die Grazien Töchter des Bacchus oder des Liber und der Venus (Vergil).[9]
„Ursprünglich gab es wahrscheinlich nur eine Charis. Sie erscheint als Gemahlin des Hephaistos [Vulcanus, Verf.], was wohl dahin zu verstehen ist, dass man dem Verfertiger reizvoller Kunstwerke den personifizierten Liebreiz (= Charis) zugesellte.“[10][11]
Einige antike Quellen nennen laut Pausanias (griechischer Schriftsteller des 2. Jahrhunderts n. Chr.) nur zwei Chariten:
a) Wie sie die Athener seit ältesten Zeiten verehrten:
Die drei Chariten bzw. Grazien waren ein beliebter Gegenstand der bildenden Kunst und wurden meist unbekleidet, sich gegenseitig berührend oder umarmend dargestellt. Bereits auf das 4. Jahrhundert geht das Mosaik der drei Grazien zurück. Eines der bekanntesten Gemälde – Die drei Grazien (Musée Condé) – ist von Raffael. Die Skulptur der Die drei Grazien der Piccolomini-Bibliothek in Siena ist eine antike Kopie eines hellenistischen Originals (4.-2. Jahrhundert v. Chr.) und stammt aus dem 15. Jahrhundert. Die in Potsdam befindliche mit der Abbildung des Motivs versehene Drei-Grazien-Kommode entstand 1769. Der Tempel der drei Grazien im Schloss Feldsberg in Breclav wurde 1825 erbaut. Drei Grazien krönen die im Jahr 1860 geschaffene Fontaine de la Rotonde im französischen Aix-en-Provence. Der ebenfalls in Anlehnung an das Motiv gestaltete Dreimädelbrunnen im Düsseldorfer Stadtteil Golzheim wurde 1915 geschaffen.
Die drei Grazien Relief am Aphrodite-Tempel in Aphrodisias, 1. Jh. v. Chr.
Die drei Grazien – Detail aus Primavera von Sandro Botticelli, um 1482/1487
Die drei Grazien (Lucas Cranach der Ältere, 1530)
Le Tre Grazie(Raffael, 1504–1505, Musée Condé in Chantilly)
Benjamin Hederich: Gründliches mythologisches Lexikon. Gleditsch, Leipzig 1770; Reprint Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, ISBN 3-534-13053-7.
Herbert Hunger: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Mit Hinweisen auf das Fortwirken antiker Stoffe und Motive in der bildenden Kunst, Literatur und Musik des Abendlandes bis zur Gegenwart. 6. erweiterte und ergänzte Auflage. Rowohlt, Hamburg 1974, ISBN 3-499-16178-8.
Nicola Kaminski: Chariten. In: Maria Moog-Grünewald (Hrsg.): Mythenrezeption. Die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 5). Metzler, Stuttgart/Weimar 2008, ISBN 978-3-476-02032-1, S. 184–190.
↑Oskar Bätschmann und Sandra Gianfreda (Hrsg.): Leon Battista Alberti - Über die Malkunst. Darmstadt 2002, ISBN 3-534-15151-8, S.24: „Der Dichter Boccaccio (1581) bezeichnet sie als Töchter der ‚Venus magna‘, der tugendhaften Göttin der Liebe – im Unterschied zur wollüstigen ‚Venus secunda‘ (Anm. 88, S. 53)“
↑Orpheus, Hymni. Die unter Orpheus’ Namen vorhandenen Gedichte – als Argonautica, Hymni und de lapidibus 1764 in Leipzig herausgegeben von Johann Matthias Gesner – stammen nicht von Orpheus.
↑Servius zu Vergil, Äneis 1,720. Servius, lateinischer Sprachlehrer aus dem 4. Jahrhundert, verfasste Auslegungen über Vergil. Laut Hederich, Stichwort Servius, ist Pieter Burmans Ausgabe des Vergil-Kommentars die „richtigste“.