Das College of Europe (englisch) oder Collège d’Europe (französisch), inoffiziell auch niederl.Europacollege, poln.Kolegium Europejskie oder dt.Europakolleg, ist ein postgraduates Hochschulinstitut für europäische Studien, mit Standorten im belgischenBrügge und polnischenNatolin.
Das College of Europe in Brügge wurde 1949 gegründet und ist damit das älteste Postgraduate Institut im Bereich europäische Integration. Die Gründung geht auf den Haager Europa-Kongress der Europäischen Bewegung zurück. Der spanische Politiker Salvador de Madariaga schlug eine entsprechende Gründung vor.[1]
Das College of Europe in Natolin wurde 1992 als Schwestercampus von Brügge gegründet und wird derzeit von rund 120 Studenten jährlich besucht. Der Campus in Natolin bietet ein breites interdisziplinäres Studium. Die „European Interdisciplinary Studies“ untergliedern sich in die vier Schwerpunktbereiche EU Public Affairs and Policies (Governance, Entscheidungsprozesse), European History and Civilization (Geschichte und Zivilisation Europas), The EU and its Neighbours (Europäische Nachbarschaftspolitik) und The EU in the World (EU-Außenpolitik). Ein dritter Campus wurde 2024 in Tirana eröffnet. Hier kann ein Masterabschluss in „European Transformation and Integration“ erworben werden.
Jedes Jahr besuchen Regierungs- und Staatschefs, Europäische Kommissare wie auch zahlreiche andere Persönlichkeiten das Europakolleg. So besuchte im November 2010 die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die Hochschule in Brügge.[2] 2014 besuchte der chinesische Präsident Xi Jinping das College of Europe und hielt eine Grundsatzrede über die Beziehungen zwischen der EU und China.[3]
Der Hochschulcampus in Belgien befindet sich in der historischen Altstadt von Brügge, im Gebäude Dijver 10, 11. Der polnische Campus befindet sich in einem Naturschutzgebiet am südlichen Stadtrand von Warschau (30 min mit der Metro vom Stadtzentrum). Die Gebühren für das Studium schließen Kosten für Unterkunft und Verpflegung auf dem Campus ein; dadurch wird ein enges Zusammenleben der international zusammengesetzten Studierendengruppe erzielt.
Nach Ansicht der Times ist das College of Europe „für die europäische politische Elite, was die Harvard Business School für die amerikanische Unternehmenswelt ist“.[4]Der Spiegel schreibt, dass das Europakolleg „Europas letzte Bastion“ sei. Seit einem halben Jahrhundert bilde es Europas Lenker aus.[5] Ein Abschluss des Colleges „eröffnet Karrierechancen etwa als gut bezahlter Beamter bei der EU-Kommission, im Rat, im Europaparlament oder als Lobbyist für einen der ungezählten Verbände, für Großkanzleien oder Unternehmensvertretungen. Tausende Absolventen des 1949 gegründeten College of Europe haben vorgemacht, dass diese Rechnung aufgeht: Brüssel ist ein Tummelplatz von Brügge-Absolventen.“[6] Die berüchtigte „Brügge-Mafia“ habe schon dem ein oder anderen zu einem guten Job verholfen.[6]Politico fand in einer Recherche zum Studienhintergrund von hochrangigen EU-Beamten und Europaabgeordneten heraus, dass 8,3 % der über 600 untersuchten Lebensläufe ein Studium am College of Europe beinhalten – deutlich mehr als jeder anderen Universität.[7]
Margaritis Schinas, griechischer Politiker, Vizepräsident der EU-Kommission und als Kommissar für die Förderung des europäischen Lebensstils zuständig für Migration, Gleichheit und Diversität
Das College of Europe ist berühmt für sein Konzept der „Flying Faculty“. Nur wenige Professoren sind ausschließlich Lehrstuhlinhaber am College. Vielmehr kommen die Professoren als „Visiting Professor“ aus der Wissenschaft, Verwaltung und Privatwirtschaft. Somit kann eine besondere Nähe zur Praxis garantiert werden.[13] Der Lehrkörper ist dabei mindestens so international wie die Studentenschaft. Das Europakolleg verfolgt das Prinzip zuerst ein Programm zu entwickeln und dann nach den besten Leuten zu suchen.[14] Während des akademischen Jahres werden u. a. Konferenzen mit renommierten Praktikern wie Jean-Claude Juncker oder Günter Verheugen organisiert und Workshops, Simulationen, Diskussionsrunden und Exkursionen angeboten.[15]
Alyson Bailes, ehemalige britische Diplomatin und Botschafterin in Finnland, Direktorin des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI), Visiting professor am EU International Relations and Diplomacy Studies Department des College of Europe
Stefan Collignon, Volkswirtschaftler, „Centennial Professor“ für europäische politische Ökonomie an der LSE, Gastprofessur zum Thema „Government“ an der Harvard University, Vorsitzender des wissenschaftlichen Rates des Centro Europa Ricerche (CER) in Rom,
Aleš Debeljak, slowenischer Schriftsteller, Dichter und Herausgeber, Visiting Professor am College of Europe
Marcell von Donat, deutscher Volkswirt und Autor, ehemaliger Kabinettchef des deutschen Kommissars Peter Schmidhuber, Visiting Professor am College of Europe von 1989 bis 1991
Manfred Fuchs, österreichischer Ökonom und Politikwissenschaftler, Professor an der Karl-Franzens-Universität Graz, Referee der Academy of Management und Editorial Board Member des European Journal of International Management, Visiting Professor am College of Europe von 1996 bis 1997
Bronisław Geremek, Chairholder des Chair of European Civilisation bis zu seinem Tod
Sandro Gozi, seit 2012 italienischer Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, Visiting Professor am College of Europe
Sieglinde Gstöhl, Direktorin des Department of EU International Relations and Diplomacy Studies am College of Europe, ehemalige International Institutions Fellow am Center for International Affairs der Harvard-Universität
Rudolf Hrbek, ehemaliger Professor für Politikwissenschaft an der Universität Tübingen
Michael Köhler, deutscher Islamwissenschaftler, derzeit Direktor für Europäische Nachbarschaftspolitik in der Generaldirektion für Entwicklung und Zusammenarbeit, EuropeAid, ehem. Kabinettschef beim EU-KommissarGünther Oettinger, Vorsitzender der überparteilichen Europa-Union Brüssel, Visiting Professor am College of Europe
Dominique Moïsi, Mitgründer des Institut Français des Relations Internationales (IFRI), Pierre Keller Visiting Professor an der Harvard University und Professor am College of Europe in Natolin.
Karel Verleye: De stichting van het Europacollege te Brugge. Stichting Ryckevelde, 1989.
The College of Europe. Fifty years of service to Europe. College of Europe publications, Brugge 1999, ISBN 90-804983-1-9.
Paul Demaret, Inge Govaere, Dominique Hanf (Hrsg.): Dynamiques juridiques européennes. Edition revue et mise à jour de 30 ans d'études juridiques européennes au Collège d'Europe. (= College of Europe studies. no. 2). Peter Lang, Brüssel 2007, ISBN 978-90-5201-067-0.