Dutrowit

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Dutrowit
Dünnschliff-Bild von Dutrowit (Dtw, braun) in linear polarisiertem Licht mit Apatit (Ap), Biotit (Bt), Kali-Feldspat (Kfs), Oxy-Dravit (Odrv) und Quarz (Qz). Roter Kasten entspricht dem Entnahmebereich für das zur Einkristall-Röntgenbeugung verwendete Korn.
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2019-082[1][2]

IMA-Symbol

Dtw[3]

Chemische Formel
  • Na(Fe2+2,5Ti4+0,5)Al3+6(Si6O18)(BO3)3(OH)3O[1][4][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ringsilikate
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol 3/mVorlage:Kristallklasse/Unbekannte Kristallklasse
Raumgruppe R3m (Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160
Gitterparameter a = 15,9864(8) Å; c = 7,2187(4) Å[1][4]
Formeleinheiten Z = 3[1][4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte geschätzt: 7–7,5[4]
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,203[4]
Spaltbarkeit nicht publiziert
Bruch; Tenazität unregelmäßig[4]
Farbe braun[4]
Strichfarbe hellbraun[4]
Transparenz transparent[4]
Glanz Glasglanz[4]
Radioaktivität -
Magnetismus -
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = nicht bestimmt
nε = nicht bestimmt
Brechungsindex n = berechnet: 1,800[4]
Optischer Charakter einachsig negativ[4]
Pleochroismus dunkelbraun – hellbraun[4]

Das Mineral Dutrowit ist ein sehr seltenes Ringsilikat aus der Turmalingruppe mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Na(Fe2+2,5Ti4+0,5)Al3+6(Si6O18)(BO3)3(OH)3O.[1][4]

Anhand äußerer Kennzeichen ist Dutrowit nicht von anderen dunkelbraunen oder schwarzen Turmalinen zu unterscheiden. Er kristallisiert mit trigonaler Symmetrie und bildet dunkelbraune Kristalle von unter einem Millimeter Größe. Im Dünnschliff erscheinen sie dunkelbraun.[4] Wie alle Minerale der Turmalingruppe ist Dutrowit pyroelektrisch und piezoelektrisch.

Die Typlokalität ist der metamorphe Rhyolith bei Fornovolasco in der Gemeinde Fabbriche di Vergemoli, Provinz Lucca in der Toskana, Italien.[1][4][5]

Etymologie und Geschichte

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Titan (Ti4+) ist lange als Nebenbestandteil vieler Turmaline bekannt und trägt zur Farbe von Turmalin bei. So sind z. B. Ti4+-Fe2+-Wechselwirkungen verantwortlich für die gelbe bis braune Farbe eisenarmer Turmaline.[6]

Turmaline mit 0,2 bis 0,68 apfu (Atome pro Formeneinheit) Ti4+ wurden ab den 1990er Jahren aus verschiedenen Fundorten beschrieben,[7][8][9] aber erst 2019 konnte ein Titan-Eisen-Turmalin vollständig beschrieben und als neues Mineral anerkannt werden. Die Autoren um Cristian Biagioni benannten den neuen Turmalin nach der amerikanischen Mineralogin und Mitglied im Vorstand der Gemological Institute of America (GIA) Dr. Barbara Dutrow in Anerkennung ihrer Forschungsbeiträge zu Turmalinen und ihren Bildungsbedingungen.[1][4][10]

Erste Synthesen eines Titan-haltigen Magnesium-Turmalins mit 0,27 apfu Ti4+ wurden im Jahr 2022 publiziert.[11]

In der strukturellen Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) gehört Dutrowit zu den Oxy-Turmalinen in der Alkali-Gruppe, wo er das einzige Mineral mit vierwertigen Kationen auf einer oktaedrisch koordinierten Position ist.

Da Dutrowit erst 2019 beschrieben worden ist, ist er weder in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß verzeichnet.[12]

Auch die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik führt den Dutrowit ebenso wenig auf,[13] wie die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana.

Aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung und Struktur kann das Mineral allerdings in den genannten klassischen Systematiken der Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort der Abteilung der Ringsilikate zugeordnet werden. Die von der Mineraldatenbank „Mindat.org“ weitergeführte Strunz-Klassifikation ordnet den Dutrowit hier weiter in die Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Einfachringe mit inselartigen, komplexen Anionen“, wo auch die Turmalingruppe mit der System-Nr. 9.CK.05 eingeordnet ist (vergleiche dazu auch Turmalingruppe der Klassifikation nach Strunz).[14]

Dutrowit hat die idealisierte Zusammensetzung [X]Na[Y](Fe2+2,5Ti4+0,5)[Z](Al3+6)([T]Si6O18)(BO3)3[V](OH)3[W]O,[1][4] wobei [X], [Y], [Z], [T], [V] und [W] die Positionen in der Turmalinstruktur sind.

Die Zusammensetzung des Typmaterials ist:

  • [X](Na0,81Ca0,20K0,01)[Y](Fe2+1,25Mg0,76Ti4+0,56)[Z](Al3+4,71Fe3+0,27V3+0,02Mg0,82Fe2+0,18)([T]Si5,82Al0,18O18)(BO3)3[V](OH)3[W][O2-0,59(OH)0,41][4]

Eine etwas ältere Publikation weist für einen titanreichen Turmalin aus der Typlokalität von Dutrowit folgende Zusammensetzung aus:[15]

  • [X](Na0,76Ca0,21K0,01Sr0,01)[Y](Fe2+1,66Mg0,45Mn2+0,01V3+0,07Ti4+0,57)[Z](Al3+4,99Mg1,01)([T]Si5,88Al0,12O18)(BO3)3[V](OH)3[W](OH)

Der Titan-Einbau in die Turmaline erfolgt über verschiedene Austauschreaktionen:

  • [Y](Fe,Mg)2+0,5 + [W](OH)- = [Y]Ti4+0,5 + [W]O2-[9]
  • [Y,Z](Al,Fe)3+ + [W](OH)- = [Y,Z]Ti4+ + [W]O2-[7]
  • [Y,Z]Al3+2 = [Y,Z](Ti4+Mg2+)[7][16][9]

Kristallstruktur

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Dutrowit kristallisiert mit trigonaler Symmetrie in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160 mit 3 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Gitterparameter des natürlichen Mischkristalls aus der Typlokalität sind: a = 15,9864(8) Å, c = 7,2187(4) Å.[1][4]

Die Kristallstruktur ist die von Turmalin. Natrium (Na+) besetzt die von 9 Sauerstoffen umgebene X-Position, die oktaedrisch koordinierte [Y]-Position ist gemischt besetzt mit Eisen (Fe2+) und Ti4+ besetzt und die ebenfalls oktaedrisch koordinierte [Z]-Position vorwiegend mit Aluminium (Al3+). Die tetraedrisch koordinierte [T]-Position enthält Silizium (Si4+). Die Anionenposition [W] im Zentrum von drei [Y]-Oktaedern enthält vorwiegend O2- und die [V]-Position vorwiegend (OH)-.[1][4]

Bildung und Fundorte

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Experimentelle Untersuchungen ergaben, dass der Titaneinbau in dravitischen Turmalin mit zunehmendem Druck abnimmt.[11] Trends in der Variation der Zusammensetzung natürlicher titanreicher Turmaline deuten darauf hin, dass der Titaneinbau durch Calcium- und Fe3+-Gehalte und oxidierende Bedingungen begünstigt wird. Entsprechend wurden hohe Titangehalte vor allem in Feruviten[8] sowie bosiitischen /[17] oder povondraitischen[7] Turmalinen gemessen. Ti-Endglieder dieser Turmaline wurden bislang nicht definiert.

Die Typlokalität von Dutrowit ist der metamorphe Rhyolith aus der Umgebung von Fornovolasco in der Gemeinde Fabbriche di Vergemoli, Provinz Lucca in der Toskana, Italien.[1][4][5] Er bildete sich beim Abbau von Biotit durch borhaltige, spätmagmatische Lösungen und tritt hier zusammen mit Quarz, Albit, Kalifeldspat, reliktischen Biotit (Annit), Hellglimmer, Chlorit (Klinochlor) sowie akzessorisch Apatit, Epidot, Monazit, Rutil, Titanit und Zirkon.[15][4]

  • Dutrowite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 67 kB; abgerufen am 13. August 2022]).
Commons: Dutrowite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j Cristian Biagioni, Ferdinando Bosi, Daniela Mauro, Henrik Skogby, Andrea Dini, and Federica Zaccarini: Dutrowite, IMA 2019-082. In: European Journal of Mineralogie. Band 32, 2020, doi:10.5194/ejm-32-209-2020 (englisch).
  2. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  3. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 2. März 2023]).
  4. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v Cristian Biagioni, Ferdinando Bosi, Daniela Mauro, Henrik Skogby, Andrea Dini, and Federica Zaccarini: Dutrowite, Na(Fe2+2.5Ti0.5)Al6(Si6O18)(BO3)3(OH)3O, a new mineral from the Apuan Alps (Tuscany, Italy): the first member of the tourmaline supergroup with Ti as a species-forming chemical constituent. In: European Journal of Mineralogie. Band 35, 2023, S. 81–94 (englisch, ejm.copernicus.org [PDF; 6,5 MB; abgerufen am 10. September 2023]).
  5. a b Fundortliste für Dutrowit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 2. März 2023.
  6. George R. Rossman, Chi Ma, Brendan M. Laurs: Yellow dravite from Tanzania. In: The Journal of Gemmology. Band 35, 2016, S. 190–192 (englisch, researchgate.net [PDF; 415 kB; abgerufen am 2. März 2023]).
  7. a b c d Vladimir Žáček, Jirf Frýda, Alfred Petrov, Jaroslav Hyršl: Tourmalines of the povondraite–(oxy)dravite series from the cap rock of meta-evaporite in Alto Chapare, Cochabamba, Bolivia. In: Journal of the Czech Geological Society. Band 45, Nr. 1–2, 2000, S. 3–12 (englisch, jgeosci.org [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 19. Februar 2022]).
  8. a b Emily D. Scribner, Lee A. Groat, Jan Cempírek: Mineralogy of Ti-bearing, Al-deficient tourmaline assemblages associated with lamprophyre dikes near the O’Grady Batholith, Northwest Territories, Canada. In: Journal of Geosciences. Band 63, 2018, S. 123–135 (englisch, jgeosci.org [PDF; 5,3 MB; abgerufen am 2. März 2023]).
  9. a b c Peter Bačík, Daniel Ozdín, Pavel Uher, Martin Chovan: Crystal chemistry and evolution of tourmaline in tourmalinites from Zlatá Idka, Slovakia. In: Journal of Geosciences. Band 67, 2022, S. 209–222 (englisch, jgeosci.org [PDF; 7,0 MB; abgerufen am 7. Dezember 2022]).
  10. GIA Staff: Dutrowite: New Mineral Species of Tourmaline. In: Gems & Gemology. Gemological Institute of America Inc., 2021, abgerufen am 19. Februar 2023 (englisch).
  11. a b Oleg S. Vereshchagin, Bernd Wunder, Ivan A. Baksheev, Franziska D. H. Wilke, Natalia S. Vlasenko, Olga V. Frank-Kamenetskaya: Ti4+ and Sn4+-bearing tourmalines – pressure control and comparison of synthetic and natural counterparts. In: Journal of Geosciences. Band 67, 2022, S. 163–171 (englisch, jgeosci.org [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 7. Dezember 2022]).
  12. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  14. Dutrowit. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 2. März 2023 (englisch).
  15. a b Simone Vezzoni, Cristian Biagioni, Massimo D’Orazio, Diego Pieruccioni, Yuri Galanti, Maurizio Petrelli, Giancarlo Molli: Evidence of Permian magmatism in the Alpi Apuane metamorphic complex (Northern Apennines, Italy): New hints for the geological evolution of the basement of the Adria plate. In: Lithos. Band 318, 2018, S. 104–123 (englisch, arxiv.org, Preprint Revision 2 [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 19. Februar 2023]).
  16. Milan Novák, Radek Škoda, Jan Filip, Ivo Macek, Tomáš Vaculovič: Compositional trends in tourmaline from intragranitic NYF pegmatites of the Třebíč pluton, Czech Republic: an electron microprobe, Mössbauer and LA–ICP–MS study. In: The Canadian Mineralogist. Band 49, 2011, S. 359–380, doi:10.3749/canmin.49.1.359 (englisch, researchgate.net [PDF; 5,4 MB; abgerufen am 2. März 2023]).
  17. Tomáš Flégr, Milan Novák & Jan Cempírek: New occurrence of bosiite in the Řečice pegmatite, Czech Republic. In: Conference: New Minerals and Mineralogy in the 21th Century, International Scientific Symposium Jáchymov 2016. 2016 (englisch, researchgate.net [PDF; 315 kB; abgerufen am 1. März 2022]).

Licensed under CC BY-SA 3.0 | Source: https://de.wikipedia.org/wiki/Dutrowit
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