Im Jahr 948 soll ein Arbogast von Franckenstein in zwei Verträgen mit dem Abt des Klosters Lorsch zugesagt haben, „den Wagenzügen uff der Bergstrass Schutz und Schild zu sein durch Frankensteinisch Gebiet nicht nur allein, sondern der Momling zu. Woselbst die Herren von Breuberg diesen Dienst übernehmen …“ Ebenfalls in diesem Jahr soll besagter Arbogast auf Einladung des Erzbischofs Bruno von Köln, welcher vorher Abt des Klosters Lorsch gewesen sein soll, das dortige Turnier gewonnen haben.
Arbogast von Franckenstein wird in Rüxners Turnierbuch genannt und ist daher höchstwahrscheinlich lediglich legendär, da Rüxners Angaben, vor allem in den „frühen Jahrhunderten“, häufig fiktiv sind. Auch die genannten Verträge sind keineswegs im Kloster Lorsch zu finden, sondern tauchen lediglich in Sekundärliteratur auf. Dass diese angeblichen Verträge zudem in einem neuhochdeutschen Dialekt verfasst sind, statt in Latein oder zumindest in den im 10. Jahrhundert noch gesprochenen Althochdeutsch, stützt die Auffassung einer späteren, historisierenden Erfindung.
Gegen die Authentizität von Arbogast von Franckenstein spricht zudem die Tatsache, dass Ritterturniere in Deutschland erst ab dem 12. Jahrhundert stattfanden[1].
Da fest steht, dass die Frankensteiner Ritter von Konrad II. Reiz von Breuberg abstammen, dürfte das Geschlecht der Herren von und zu Frankenstein erst im 13. Jahrhundert entstanden sein.
„Hier ruht Johann Carl, bestätigter Bischof von Worms, Fürst des Heiligen Römischen Reichs, aus dem sehr alten Geschlecht der Freiherrn von und zu Franckenstein, seit 900 Jahren durch Ritterspiele berühmt, der zwei Altäre und Vikarien in dieser Kirche erneuerte, welche von den deutschen Rittern von Sachsenhausen, Wolfram 1320 und Rudolf 1325 gestiftet und an die Familien Cleen und Franckenstein übertragen worden waren.“
Ludwig von Luetzelbach war der Ahnherr des Hauses Frankenstein und wird urkundlich im Jahr 1115[2] das erste Mal erwähnt, sein Nachkomme Wieknand nochmals 1160.[3]
Dessen Enkel Konrad I. und seine Nachkommen erbauten um 1200 die gleichnamige Burg Breuberg und nannten sich in der Folge Herren von Breuberg. Durch die Heirat seines Sohnes Eberhard I. Reiz von Breuberg mit Mechtild (Elisabeth?), einer der fünf Erbtöchter des Landvogts Gerlach II. von Büdingen, im Jahre 1239 verlagerten sich Macht, Besitz und Interessen auch in die Wetterau, wo die Breuberger Arrois, Gerlach und Eberhard III. nacheinander das Amt des Landvogtes in der Wetterau innehatten. Sie fanden im Kloster Konradsdorf bei Ortenberg ihre letzte Ruhestätte.
Aufgrund von Territorialdifferenzen und damit verbundenen Auseinandersetzungen mit den Landgrafen von Hessen sowie des Festhaltens der Frankensteiner und ihrer Untertanen am katholischen Glauben, bzw. ihren Kirchenpatronatsrechten nach Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen, kam es im Jahre 1662 zum Verkauf der Herrschaft an die Landgrafen, nach vorausgegangenen Prozessen vor dem Reichskammergericht.
Die Familie konnte durch die im Laufe der Reformation verstärkt freigewordenen Ämter und Posten solche in verschiedenen Domkapiteln, Abteien und Bistümern als Domkapitularen, Äbtissinnen und Fürstbischöfen besetzen.
Nach dem Verkauf der Herrschaft Franckenstein zog sich die Familie auf ihre Besitzungen in Ockstadt (Schloss Ockstadt) und der Wetterau zurück und erwarb Ende des 17. Jahrhunderts die Herrschaft Ullstadt in Mittelfranken. Im 19. Jahrhundert erwarb sie auch die Herrschaft Thalheim in Oberösterreich. Die Familie besteht noch heute aus zwei in Deutschland, Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika lebenden Linien.
Das Stammwappen zeigt ein in Gold schräggestelltes rotes Axteisen (Beileisen) mit quergestellter rechteckiger Stielöffnung. Auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein wie der Schild bezeichneter offener Flug.
Das gemehrte Wappen von 1706 (Wappenvereinigung mit von Sachsenhausen und von Praunheim) ist gespalten, zweimal geteilt und mit dem Stammwappen als Herzschild belegt. In Feld 1 und 6 in Gold ein dreiblättriges rotes Kleeblatt († von Cleen), in Feld 2 und 5 in Blau ein rechtsgestellter silberner Helm, darauf ein wachsender silberner Schwan, dessen erhobene rote Flügel mit je einem silbernen Balken belegt sind, 3 und 4 in Gold ein roter Balken, darüber 3 grüne Zweige mit je 3 Blättern († von Praunheim-Sachsenhausen). 3 Helme mit rechts rot-goldenen, links blau-silbernen Decken, auf dem rechten Hals und Kopf eines natürlichen Pfaues zwischen geschlossenem, oben schwarzen und mit silbernen Herzen bestreuten, unten goldenem und mit rotem Kleeblatt belegten Flug (von Cleen), auf dem mittleren ein mit dem roten Beileisen belegter offener goldener Flug, auf dem linken der Schwan (von Sachsenhausen).
Clemens von Franckenstein (1875–1942), deutscher Komponist und letzter königlich bayerischer Generalintendant in München
Georg Albert von und zu Franckenstein (1878–1953), k.u.k. Gesandter am osmanischen Hof, österreichischer Botschafter in London von 1920 bis 1938; ab 1938 auch Sir George Franckenstein
Kay Freifrau von und zu Franckenstein, geborene Kay Boyle (1902–1992), US-Schriftstellerin
↑Neues allgemeines Deutsches Adels - Lexicon im Vereine mit mehreren Historikern herausgegeben von Prof. Dr. Ernst Heinrich Kpeschke. Dritter Band, Seite 321. Leipzig, Verlag von Friedrich Voigt. 1861.
↑M. Stimmlng, Mainzer Urk.- Buch I 1932 Nr. 586 und 6(5).
J. Friedrich Battenberg: Roßdorf in vormoderner Zeit. Alltag und Konfliktkultur einer hessischen Landgemeinde im 17. und 18. Jahrhundert. In: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde, Bd. N.F. 60 (2002), ISSN0066-636X, S. 29–60.
Roman Fischer: Findbuch zum Bestand Frankensteinische Lehenurkunden 1251–1812. Kramer, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-7829-0433-8
Georg von Franckenstein: Zwischen Wien und London Erinnerungen eines österreichischen Diplomaten. Leopold Stocker Verlag, Graz 2005, ISBN 3-7020-1092-0.
Walter Scheele: Sagenhafter Franckenstein. Societäts-Verlag, Ulm 2004, ISBN 3-7973-0875-2.
Hellmuth Gensicke: Untersuchungen zur Genealogie und Besitzgeschichte der Herren von Eschollbrücken, Weiterstadt, Lützelbach, Breuberg und Frankenstein. In: Hessische historische Forschungen (1963), S. 99–115.
Walter Scheele: Burg Franckenstein. Societäts-Verlag, Frankfurt/Main 2001, ISBN 3-7973-0786-1.
Rudolf Kunz: Dorfordnungen der Herrschaft Franckenstein aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Sonderdruck aus: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde. Band 26, Heft 1, 1958.
Wolfgang Weißgerber: Die Herren von Frankenstein und ihre Frauen: Landschaften, Personen, Geschichten. Schlapp, Darmstadt-Eberstadt 2002, ISBN 3-87704-050-0.
Norbert Hierl-Deronco: Es ist eine Lust zu Bauen. Von Bauherren, Bauleuten und vom Bauen im Barock in Kurbayern, Franken, Rheinland. Krailling 2001, ISBN 3-929884-08-9, S. 133–142.
Anke Stößer: Herrschaften zwischen Rhein und Odenwald. In: Ritter, Grafen und Fürsten – weltliche Herrschaften im hessischen Raum ca. 900–1806 (= Handbuch der hessischen Geschichte 3 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 63). Marburg 2014, ISBN 978-3-942225-17-5, S. 152–170, bes. S. 163–165
(Hrsg.) Geschichtsverein Eberstadt/Frankenstein: Lesebuch zur Geschichte Frankenstein. Burg – Herrschaft – Familie, Darmstadt-Eberstadt 2018.