Wie in vielen mittelalterlichen und neuzeitlichen Städten Europas hat auch das Glockengießen in Linz an der Donau eine lange Tradition.
Der erste Linzer Glockengießer war Benedikt Reicher im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts.[1]
Die Linzer Glockengießer waren hauptsächlich in Oberösterreich, Niederösterreich und Südböhmen tätig. Benachbarte größere Glockengießer-Werkstätten befanden sich in Steyr (um 1500–1899), Passau (seit 1455, derzeit Glockengießerei Rudolf Perner), Braunau am Inn (1437–1891/1894) und Salzburg (1440–1866).[2]
Die Glockengießergasse erhielt spätestens 1815 ihren Namen vom sogenannten Glockengießerhaus in dieser Straße. An ihrem westlichen Ende wurde 1862 der Grundstein für den neuen Linzer Dom gelegt, sodass 1894 die Glockengießergasse nach Bischof Franz Joseph Rudigier, dem Initiator des Dombaus, in Rudigierstraße umbenannt wurde.[3]
Eine Glockengießerei im Sinne einer Firma entstand 1917 im Nachbarort St. Florian.
Name[4][5] | Zeitraum[4] |
---|---|
Reicher Benedikt | 1519–1525 |
Kaltenecker Augustin | 1579–1589 |
Seiser Christoph | 1603–1635 |
Reuter Johann | 1626–1646 |
Fidler Martin | 1636–1649 |
Rohrer Hans | 1651–1678 |
Prammer Johann | 1693 |
Schorer Melchior | 1678–1706 |
Creuz Silvius | 1709–1745 |
Potz Karl | 1758–1774 |
Bandl Thomas | 1775 |
Zöchbaur Michael | 1773–1798 |
Zöchbaur Anna Maria | 1799–1802 |
Gammel Leopold | 1800–1820 |
Teufelmayr Michael | 1821–1823 |
Hollederer Johann | 1827–1843 |
Hollederer Franz | 1844–1879 |
Gugg Anton | 1891–1913 |
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs, in dem zahlreiche Kirchenglocken beschlagnahmt und für Kriegszwecke eingeschmolzen wurden, wurde am 17. Februar 1917 die Oberösterreichische Glocken- und Metallgießerei gegründet, um den nach Kriegsende den erwarteten Bedarf an neuen Glocken decken zu können. Aus dieser Werkstatt in St. Florian stammt Österreichs berühmteste Glocke: Die Neue Pummerin trat ihre Reise nach Wien am 25. April 1952 von Linz aus an, woran der sogenannte Glockenring der Pummerin vor dem Linzer Landhaus erinnert.
Namensvarianten: Benedict Reicher, Benedikt Reicher.
Der erste als Glockengießer tätige Linzer war Büchsenmeister Benedikt Reicher, Sohn des bekannten Salzburger Glockengießers Hans Reicher.[1] Ihm können mehrere Glocken zwischen 1519 und 1525 zugeordnet werden:[1]
Namensvarianten: Augustin Kalteneckher, Augustin Kaltheneckher, Augustin Kaltenegger.[7]
Nach einem kurzen Einbruch der Glockenproduktion in Linz führte Augustin Kaltenecker von 1579 bis 1589 das Handwerk fort[1], der 1582 gemeinsam mit Peter Guet auch den Planetenbrunnen im Linzer Landhaus gestaltete.[8]
Ausgewählte Werke:
Namensvarianten: Martin Fidler, Martinus Fidler, Martin Fitler.
Martin Fidler war Hausbesitzer in Linz, Hauptplatz 35, und starb am 20. November 1649.[9]
Ausgewählte Werke:
Namensvarianten: Melchior Schorer, Melchior Schorrer, Melchior Schurer.
Durch die Hochzeit mit der Witwe Eva Catharina Rohrer am 26. September 1678 kam Melchior Schorer in den Besitz der Rohrer'schen Glockengießerei.[10] Zwei Tage später, am 28. September 1678, wurde Melchior Schurer in die Linzer Bürgerschaft aufgenommen.[11] Die Handwerksfamilie wohnte im vornehmen Haus Hauptplatz Nr. 6, während der Glockengießerstadel sich in der Vorstadt, heute Landstraße 40, befand.[10] Neben Glocken fertigte Schorer auch Tafelleuchter, Kirchenleuchter, Rauchfässer und Stukkaturen an.[10] Melchior Schorer starb am 23. November 1709 im Alter von 60 Jahren.[10] Die Witwe Eva Schorer vermachte einen Teil der Erbschaft dem Bürgerspital, dem Thornmüller'schen Armenhaus und den beiden Siechenhäusern im Weingarten und in Straßfelden zu Linz.[10]
Ausgewählte Werke:
Im Jahr 1697 warb Melchior Schorer mit Verweis auf sein gelungenes Werk in Linz bei Bischof Lamberg um den Auftrag für ein Geläut in der neuen Wallfahrtskirche Maria Taferl, was aber mit Hinweis auf fehlendes Metall und Geld abgelehnt wurde.[18] Erst seine Nachfolger in Linz bekamen später Aufträge für Maria Taferl.[18]
Namensvarianten: Sylvius Creiz, Silvio Creuz, Silvio Croce, Silvio de Cruce, Silvius Creuz, Silvius Kreuz, Sylvius Kreuz, Sylvius Kreutz.
Silvius Creuz wurde um 1671 geboren und dürfte schon 1702 als Werkführer bei Melchior Schorer tätig gewesen sein.[19] Silvius Creuz wirkte vor allem in Oberösterreich und im Bezirk Krumau.[20] Neben seiner Tätigkeit als Glockengießer wirkte er auch bei den „Wasserwerken“ im Stift Sankt Florian und Stift Melk mit.[19] Er starb am 8. Juli 1754.[19]
Werke während seines vorübergehenden Aufenthalts in Budweis:[21]
Während seiner Linzer Zeit:
Nach 1745:
Namensvarianten: Carl Poz, Karel Poz, Karel Potz, Karl Potz
Karl Potz heiratete am 12. November 1754 die Tochter Maria Franziska des im selben Jahr verstorbenen Silvius Creuz und kam dadurch in den Besitz dieser Werkstätte.[24]
Ausgewählte Werke:
Namensvarianten: Johann Michael Zöchbaur, Michael Zöchbaur
Zöchbauer stellte Glocken hauptsächlich für den Raum Oberösterreich her. Daneben beschäftigte sich Zöchbaur mit der Anfertigung von Feuerspritzen.[25] Er starb am 27. Mai 1798 im Alter von 52 Jahren.[25] Sein Marmorepitaph mit der bezeichnenden Darstellung der Sintflut ist im Linzer Landesmuseum aufbewahrt.[25]
Ausgewählte Werke:
Ausgewählte Werke der Witwe Anna Maria Zöchbaur:
Namensvarianten: Johann Leopold Gammel, Leopold Gammel
Nach dem Tod von Michael Zöchbaur war Leopold Gammel Geschäftsführer bei der Witwe Zöchbaur, die er im Alter von 33 Jahren am 21. Februar 1803 heiratete.[25] Am 24. Mai 1821, einen Monat vor seinem Tod am 23. Juni 1803, verkaufte Gammel die Glockengießerei an der Landstraße 40 mitsamt zwei Schmelzöfen (für 5600 kg bzw. 1400 kg Metall), drei Windöfen, einem kleinen Gussofen, eingemauertem Kupferkessel und zwei großen Aufzügen mit doppelten Seilen und Rädern an seinen Nachfolger Michael Teufelmayr.[27]
Ausgewählte Werke:
Michael Teufelmayr führte die Glockengießerei nur zwei Jahre lang mit seinen Werkführern Ignaz Hertl aus Prag und Michael Sauter.[27]
Ausgewählte Werke:
Johann Heinrich Hollederer (* 1783 in Nürnberg; † 11. August 1847 in Linz) stammt aus evangelischem Elternhaus und wird bereits bei seiner Hochzeit am 8. Oktober 1809 mit der Färbermeisterstochter Maria Anna Schützenberger aus Reichenau im Mühlkreis als Glockengießergeselle genannt.[27] Bei den Glockengießern Gammel und Teufelmayr war er sechs Jahre lang tätig[27], bevor er 1823 die Werkstätte kaufte und damit Teufelmayrs Nachfolger auf der Glockengießergerechtigkeit in der Landstraße 40 wurde.[32][33] Er goss nachweislich mehr als 150 Glocken für Kirchen in Oberösterreich und Umgebung.[32]
Ausgewählte Werke:[32]
„Johann Hollederer und Söhne“:
Franz Seraphin Hollederer (* 25. September 1815 in Linz; † 6. September 1883 in Linz) wurde katholisch getauft, kehrte nach dem Tod seines Vaters nach Linz zurück und führte dessen Werkstätte unter dem Namen Johann Hollederer und Söhne weiter.[32] Bis zum Ende der 1870er Jahre entstanden etwa 300 Glocken für Kirchen in Oberösterreich, etwa 50 für Niederösterreich und ebenfalls etwa 50 Glocken für Böhmen.[32] Daneben betätigte er sich als „Feuerlöschmaschinen-Fabrikant“.[35]
Ausgewählte Werke:
Anton Gugg (* 3. September 1864 in Braunau; † 17. Mai 1941 in Linz) stammte aus einer alten Glockengießerfamilie, die in Salzburg, Braunau, Passau, Straubing und Znaim tätig war. Nach seinen Wanderjahren in Bayern, Schweiz, Straßburg und Metz arbeitete Anton Gugg als Glockengießer bei U. Kortler in München, bei den Gebrüdern Grüninger in Villingen, in Metallfabriken in Nürnberg und Wien und bei seinem gleichnamigen Onkel in Salzburg.[37] 1891 erwarb sein Vater Rupert Gugg die Österlein’sche Fabrik in der Schubertstraße in Linz, wohin 1892 die Glockengießerwerkstatt aus Braunau verlegt wurde.[38] In Braunau wurden nur mehr gelegentlich kleine Glocken gegossen. Ab 1895 war Anton Gugg Alleininhaber der Firma und goss etwa 300 Glocken für weltweite Auftraggeber.[38] 1907 baute er die Glockengießerei in eine Metallwarenfabrik um. 1917 wurde Anton Gugg der erste Direktor der neu gegründeten Glockengießerei in St. Florian.[38]
Ausgewählte Werke: