Die Haferarten sind einjährige krautige Pflanzen. Der Halm ist hohl und rundlich.
Im Gegensatz zu anderen Nutzgetreidearten fehlen dem Hafer die Blattöhrchen. Die Blatthäutchen (Ligula) sind schmal bis mittelgroß, fransig und gezähnt.
Die Haferarten sind Rispengräser. Der im Gegensatz zur Ähre als Rispe gebildete Fruchtstand unterscheidet den Hafer von anderen Getreidearten, ist daher in der Systematik weit entfernt von anderen Getreidearten. Das Tausendkorngewicht liegt bei 27–48 Gramm.
Die Gattung Avena wurde 1753 durch Carl von Linné aufgestellt. Synonyme für Avena L. sind PreissiaCorda, AnelytrumHack.[2]
Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Gattung Avena reicht von Makaronesien über Nordwestafrika und Spanien durch den Mittelmeerraum bis Vorderasien und das nordöstliche Afrika. Die meisten biologischen Arten kommen in Südspanien und Nordwestafrika vor.[2]
Avena atlanticaB.R.Baum & G.Fedak: Sie kommt nur im westlichen Marokko vor.[2]
Bart-Hafer (Avena barbataPott ex Link): Er ist von Nordafrika und den Mittelmeerraum bis Zentralasien und dem westlichen Himalaja weitverbreitet und ist in der Neuen Welt, Südafrika und Australien ein Neophyt.[2] Er kommt in der Schweiz am Genfer See eingebürgert vor.[3]
Kurz-Hafer (Avena brevisRoth, Syn.: Avena nuda subsp. brevis(Roth) Mansf.): Sie kommt auf den Kanaren, Azoren und Madeira vor und wurde in Spanien, Portugal, Frankreich und Großbritannien, seltener in Mitteleuropa kultiviert. In Mitteleuropa wurden unbeständige Vorkommen beobachtet in Belgien, den Niederlanden, in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und im Burgenland.[3]
Mittelmeer-Hafer (Avena byzantinaK.Koch): Er ist in Nordwestafrika, im Mittelmeerraum und in Vorderasien bis zum Iran verbreitet.
Flug-Hafer (Avena fatuaL.): Er kommt in den gemäßigten Gebieten Eurasiens, in Nordafrika und Makaronesien vor. In Südafrika, Nordamerika, Mexiko, Südamerika, Australien und Neuseeland ist er ein Neophyt.[2]
Avena murphyiLadiz.: Sie kommt im südwestlichen Spanien und in Marokko vor.[2]
Nackt-Hafer (Avena nudaL.): Er wird von Portugal bis Großbritannien und Deutschland angebaut und ist in Nord-, Mittel- sowie Osteuropa ein Unkraut im Getreide.
Tauber Hafer (Avena sterilisL.): Die zwei Unterarten kommen vom Mittelmeerraum bis Kenia und dem westlichen Himalaja und auf den Kanaren vor:[2]
Avena sterilis subsp. ludoviciana(Durieu) Gillet & Magne: Sie kommt vom Mittelmeerraum bis Zentralasien und dem westlichen Himalaja und auf den Kanaren vor.[2]
Avena sterilis subsp. sterilis: Sie kommt vom Mittelmeerraum bis Pakistan und Kenia vor.[2]
Sand-Hafer (Avena strigosaSchreb., Syn.: Avena nuda subsp. strigosa(Schreb.) Mansf.[3]): Er kommt in Südwesteuropa[2] vor und wird sonst in Europa, seltener in Nord-, Mittel- und Osteuropa angebaut.
Saat-Hafer wird vor allem als Tierfutter sowie als Nahrungsmittel in Form von Haferflocken verwendet. Für die Verwendung in der Medizin werden verschiedene Extrakte aus Hafer gewonnen. Ein aus Hafer hergestelltes Getränk („Hafermilch“) kommt als Ersatz für Kuhmilch zum Einsatz.
Wilde Hafersorten wurden schon vor 32.000 Jahren zu Mehl (Hafermehl, von mittelhochdeutsch habermël, Mehl von Avena sativa[4]) verarbeitet.[5][6] Die dem modernen Saathafer am nächsten verwandte Sorte ist Avena sterilis, die aus dem Fruchtbaren Halbmond stammt. Seit etwa 1000 v. Chr. wurde Hafer in Europa angebaut, jedoch hauptsächlich als Tiernahrung verwendet. Später wurde Hafer zu einem Grundnahrungsmittel der Menschen in kälteren Klimazonen wie in Deutschland, Skandinavien, Irland und Schottland.
Walter Erhardt, Erich Götz, Nils Bödeker, Siegmund Seybold: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Arten und Sorten. Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7.
Maria da Luz de Oliveira Tavares Monteiro da Rocha Afonso: Avena L. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 5: Alismataceae to Orchidaceae (Monocotyledones). Cambridge University Press, Cambridge 1980, ISBN 0-521-20108-X, S.206–208 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Hans Joachim Conert: Avena. In: Hans Joachim Conert (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Begründet von Gustav Hegi. 3., völlig neubearbeitete Auflage. Band I, Teil 3: Spermatophyta: Angiospermae: Monocotyledones 1(2). Poaceae (Echte Gräser oder Süßgräser). Parey Buchverlag, Berlin 1998, ISBN 3-8263-2868-X, S.212–227 (erschienen in Lieferungen 1979–1998 – 3. Lieferung, 1985).
↑ abcdefghijklmnopqrstuvwxyzAvena. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 2. November 2016.
↑ abcMichael Koltzenburg: Avena. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024. ISBN 978-3-494-01943-7. S. 271.
↑Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 135 (Haber, Habermël).
↑Marta Mariotti Lippi, Bruno Foggi, Biancamaria Aranguren, Annamaria Ronchitelli, Anna Revedin: Multistep food plant processing at Grotta Paglicci (Southern Italy) around 32,600 cal B.P. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band112, Nr.39, 29. September 2015, ISSN0027-8424, S.12075–12080, doi:10.1073/pnas.1505213112, PMID 26351674 (pnas.org [abgerufen am 23. Juni 2023]).