Johann Wilhelm Sondermann (* 30. September 1770 in Elberfeld (heute zu Wuppertal); † 9. Januar 1857 in Gummersbach) war ein oberbergischer Industriepionier. Er legte den Grundstein für die Gummersbacher Textilindustrie und für die Mechanisierung der oberbergischen Industrie.[1]
Die Sondermanns waren eine evangelische, ursprünglich reformierte Familie. Bei ihrer ersten Erwähnung um 1630 siedelte die Familie im Metzmachersrath, welches – zum Kirchspiel Langenberg gehörig – an der Grenze zwischen Langenberg und Elberfeld liegt. Die Familie Sondermann ist unter anderem verwandt mit den Familien Engels (Friedrich Engels), Harkort (Friedrich Harkort), Carus (Paul Carus) sowie Kersten (Abraham Kersten).
Johann Wilhelm Sondermann heiratete im Jahr 1801 mit Dorothea Katharina Wilhelmine Baltes (1776–1849) in eine alteingesessene Gummersbacher Familie ein. Er und seine Nachfahren gründeten bedeutende Unternehmungen im Oberbergischen. Hervorzuheben sind neben der Sondermannschen Seiden- und Siamosenmanufactur in Gummersbach (gegründet 1813) die Strick- und Wirkwarenfabrik, Spinnerei Emil Wilhelm Sondermann in Mühlenseßmar (gegründet 1872) sowie die Zanella-Fabrik Sondermann & Co. GmbH in Nöckelseßmar (gegründet 1884), die später in der Hildener Firma Kampf & Spindler aufging.
Zu den Nachfahren des Johann Wilhelm Sondermann zählen u. a.:
Bereits 1804 ist J. W. Sondermann als Fabrikant in Elberfeld belegt. In seinen Webereien soll er in der Hauptsache so genannte Türkische Long Shawls verfertigt haben. Die von Napoleon Bonaparte verhängten Wirtschaftsblockaden zwangen ihn indes spätestens im Jahr 1808, seine wirtschaftlichen Aktivitäten einzustellen und sich mit seiner Familie in Gummersbach, dem Geburtsort seiner Frau, anzusiedeln.
Mit der Niederlage Napoleons in Russland im Jahr 1812 und noch vor der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 nahm J. W. Sondermann seine wirtschaftliche Aktivitäten wieder auf. So errichtet er in der Winterbecke 1813 ein Wohnhaus mit einer Produktionsstätte zur Herstellung von Seiden und Siamosen, genauer zur Fabrikation seidener Tücher, so genannter Türkischer Long Shawls.
Der Gummersbacher Pastor Johann Friedrich Franz von Steinen berichtet dazu: „Gantz oben in der sogenannten Winterbecke (ich muß hier noch bemercken, dass die Gummersbach, ehe sie an die Häuser des Dorfs kommt, den Nahmen Winterbecke, besser der Winterbach, führt und das wohl daher, weil das Wasser des Bachs so leicht zufriert) unter der ersten Wiese daselbst hat ehedem auf diesem Bache eine Lohmühle gestanden, wovon der Wassergraben noch deutlich zu sehen ist. Jezt hat (etwas höher hinauf) an dem nämlichen Orte, wo sonst die Lohmühle stand, Johann Wilh. Sondermann ein Wohnhaus 1813 gebaut, und in demselben zugleich eine Spinn-, Kratz- und Walkmaschine, welche alle 3 zusammen nur durch 1 Rad vom Wasser getrieben werden.“
Mit dem Bau seiner Fabrik in der Winterbecke legte J. W. Sondermann nicht nur den Grundstein der Textilindustrie in Gummersbach, welche dort zu großer Blüte gelangt, sondern gab auch den Startschuss für die Mechanisierung der Gummersbacher und Oberbergischen Industrie.
Die wirtschaftliche Entwicklung der Sondermann'schen Seiden- und Siamosenmanufactur nimmt, begünstigt durch die oberbergischen Standortvorteile – niedrige Arbeitslöhne, günstige Grundstückspreise und die durch den Niedergang der Hammerwerke freigewordene exzellente Wasserkraft –, einen guten Anfang. Pastor Johann Friedrich Franz von Steinen schreibt um 1817: „Neuerdings hat auch einer Johann Wilhelm Sondermann eine Seiden- und Siamosen-Manufaktur von einigen Stühlen angelegt, wobei schon viele Leute ihr Brod finden.“
Bald darauf errichtete J. W. Sondermann etwas weiter oben in der Winterbecke ein zweites Gebäude, um dort die Wasserkraft zur Wollspinnerei, Färberei und Tuchfabrikation auszunutzen. Doch offenbar übernahm er sich damit, denn am 24. Februar 1820 verkaufte er laut erhaltenem Vertrag – nunmehr als „Baumwollfabrikant“ –, dieses „oberste Wohn- und Fabrikhaus mit Hinter- oder Nebengebäuden, Graben und Teichen und alles was zwischen der Brücke und dem obersten Teich […] gelegen ist […] samt allen in den Gebäuden befindlichen Maschinen und Gerätschaften“ an Christian Pickhardt für 5400 Reichsthaler. Vor allem war Johann Wilhelm bei Chr. Pickhardt verschuldet, denn zwei Drittel des Kaufpreises wurden zur Deckung der aufgelaufenen Schulden verwendet.
In der Folge arbeitete J. W. Sondermann mit Christian Pickhardt im entstandenen Tuchbetrieb „Pickhardt & Sondermann“ zusammen, der bereits 1828 als Großunternehmen einzuordnen war. Die Zusammenarbeit endete indes vor 1833.
J. W. Sondermann verlegte sich nach 1820 in der ihm verbliebenen Anlage Ecke Hohe Straße/Kaiserstraße auf die Produktion von Pfeifenspitzen und -schläuchen. Burghart Baldus schreibt ihm in seiner 1927 erschienenen Dissertation zur Wirtschaftsgeschichte im Raum Gummersbach zu, er habe die Pfeifenschläuche sogar erfunden. Nach landrätlicher Statistik aus dem Jahr 1836 beschäftigte J. W. Sondermann in seiner „Pfeifenschlauchfabrik“ 20 Arbeiter an drei Maschinen und ist damit einer der größten Arbeitgeber im Kreis. Gemäß Statistik werden „Pfeifenschläuche jeder Art“ produziert. Die Fabrik wurde um 1857 nach Niederseßmar verlegt und von den Nachfahren des J. W. Sondermann weitergeführt.
Personendaten | |
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NAME | Sondermann, Johann Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | Fabrikant |
GEBURTSDATUM | 30. September 1770 |
GEBURTSORT | Elberfeld |
STERBEDATUM | 9. Januar 1857 |
STERBEORT | Gummersbach |