Die Südlichen Dynastien (chinesisch 南朝, Pinyin Náncháo) sind ein Abschnitt in der Zeit der Südlichen und Nördlichen Dynastien. Sie schließen ein: die Liu-Song-Dynastie, die Südliche Qi-Dynastie, die Liang-Dynastie und die Chen-Dynastie, deren Hauptstädte größtenteils alle in Jiankang lagen (obwohl die Hauptstadt der Südlichen Qi kurz in Jiangling (江陵, dem modernen Jingzhou, Hubei) lag, während der Herrschaft des Kaisers He der Südlichen Qi und des Kaisers Yuan der Liang-Dynastie sowie bei den späten Kaisern der Westlichen Liang (Kaiser Xuan, Kaiser Xiaoming und Kaiser Xiaojing) wurde als Hauptstadt ebenfalls Jiangling gewählt, und Xiao Zhuang, der von manchen Historikern als ein Kaiser der Liang-Dynastie betrachtet wird, hatte seine Hauptstadt in Yingcheng (郢城, dem modernen Wuhan, Hubei)).
Nach der Eroberung der Hauptstädte Luoyang und Chang’an durch (nur teilweise sinisierte) Nomadenfürsten 311 und 316 verlagerte sich der politisch-kulturelle Schwerpunkt Chinas nach Süden. Im Norden begann die Zeit der Sechzehnkönigreiche, während im Süden Jiankang (d. h. Nanking) die Hauptstadt der Östlichen Jin und ihrer Nachfolgedynastien wurde.
Die Hofgeschichte ist voll von Cliquenkämpfen und Intrigen, und die Kaiser waren schwach, auch wenn ihr Hof immer ein bedeutender ökonomischer Faktor war. Die politische Macht lag in den Händen der Aristokraten. Sie verteidigten ihren Großgrundbesitz vor den Steuerforderungen und den Begrenzungsversuchen der kaiserlichen Beamten, sodass die Kaiser keine Hausmacht aufbauen konnten und manchmal ein Spielball der großen Familien wurden. Großgrundbesitz bedeutete für den Staat eine Abnahme der Steuerpflichtigen und Arbeitsdienstleistenden, denn nur der Eigentümer des Landes konnte verpflichtet werden, nicht die Pächter oder Sklaven. Die Aristokraten zahlten keine Steuern, sie hatten viele Abhängige und halbprivate Garden und wurden in genealogischen Registern (jiapu) erfasst. Der Zugang zu Ämtern und Privilegien war abhängig vom Alter und der Berühmtheit der Familien und es ist klar, dass Beamte, die selbst Großgrundbesitzer waren, nicht gegen diesen vorgingen. Im späten 5. Jh. war die Adelsherrschaft dann so weit fortgeschritten, dass sogar Heiraten zwischen Adligen (mingjia) und Nicht-Adligen (hanmen) verboten wurden.
Umgekehrt machten die Kaiser des Südens auch nur einige, vereinzelte Anstrengungen, die Macht der Aristokratie zu brechen. Besonders die Qi-Dynastie (479–502) ist erwähnenswert, denn sie ging mit der Besetzung leitender Stellen durch Nicht-Adlige, mit der Bestrafung von Steuerregisterfälschung und mit Hinrichtungen gegen die Aristokratie vor. Entsprechend schnell kam es dann zum Sturz dieser Dynastie durch Xiao Wen alias Kaiser Liang Wu Di (reg. 502–549). Zu dessen Zeit bekam die Aristokratie dann Konkurrenz ganz anderer Art: der Anstieg des Fernhandels beendete die autarke Position der Großgrundbesitzer in den Provinzen und unterhöhlte deren wirtschaftliche Vormachtstellung. Zwar gilt die Zeit Liang Wu Dis noch als die Goldene Zeit der Adelskultur, aber unmittelbar darauf kam es zu knapp zehnjährigen Bürgerkriegen, welche den Adel ausbluten ließen. Die letzte südliche Dynastie, die Chen-Dynastie (557–589) war aber außenpolitisch zu schwach, um noch einmal einen stabilen Staat zu etablieren.
Der Süden Chinas trug zur Zeit der (Östlichen Jin und der) Südlichen Dynastien noch einen weitgehend kolonialen Charakter. Die Chinesen besiedelten zunächst nur die Ebenen des Yangtse-Beckens, den südlichen Teil der Bucht von Hangzhou und die Gegend um Kanton, der Rest war von der „vorchinesischen“ Bevölkerung bewohnt. Selbst die chinesische Besiedlung war nicht sonderlich dicht. Sie reichte aber aus, die anderen Gruppen (Yue, Thai, Yao, Tibeto-Burmanen) zu dezimieren und zurückzudrängen, sie in Dienstverhältnisse zu pressen und schließlich allmählich zu assimilieren.
Nach der Machtergreifung der (nur teilweise sinisierten) Nomadenfürsten in Nordchina (ca. 311/316) flohen zahllose Chinesen aus der Oberschicht in den Süden. Der Grund dafür war, dass sie nur geringe Aussicht hatten, bei den neuen Machthabern im Norden zu Ansehen und Einfluss zu kommen, da diese die chinesische Kultur nur begrenzt schätzten und das gesamte Wirtschafts- und Geldsystem ihren eigenen Vorstellungen anzupassen wünschten (z. B. Pferdezucht).
In Südchina lebten aber bereits Chinesen, die in früherer Zeit, besonders zur Zeit der Drei Reiche am Anfang des 3. Jh. eingewandert waren. Daneben existierte allerorts noch die alteingesessene, „vorchinesische“ Bevölkerung der Yao (Bergsiedler mit Brandwirtschaft und Jagd), Thai (Talsiedler, vorwiegend Reiswirtschaft) und Yue (am Yangtse und an der Küste, Fischfang und Schifffahrt), die sich auch untereinander vermischte. Die „vorchinesische“ Bevölkerung passte ihre Lebensgewohnheiten aber zumindest in den Kerngebieten zunehmend an. Zudem wurde ihre Schicht durch verarmte chinesische Bauern verstärkt, so dass die Unterschiede zu den Chinesen allmählich verschwanden. Die staatliche Bevölkerungszählung erfasste eine stetige Zunahme des chinesischen Elements.
Die Neuankömmlinge gerieten im 4. Jh. in scharfen Gegensatz zu den bereits etablierten chinesischen Siedlern. Letztere saßen (angesichts des noch nicht besonders dicht besiedelten Yangtse-Tals) auf großen Gütern, die von ihren Pächtern (großteils Yue, Thai und Yao, aber auch verarmte chinesische Bauern) bearbeitet wurden oder führten Handelsunternehmen, während die Neuankömmlinge oftmals land- und kapitallose Militärs waren und Posten in der Verwaltung anstrebten. Jede der beiden Gruppierungen versuchte nun, die andere von der politischen Macht auszuschließen und so viel Besitz wie nur möglich an sich zu reißen. Weiterhin unterhielten die Neuankömmlinge teilweise familiären Kontakt in den Norden, liefen über oder hegten Rückeroberungspläne, was die bodenständige Oberschicht des Südens nicht befürwortete.
Der Gegensatz zwischen den beiden Gruppierungen der Chinesen musste also im 4. und frühen 5. Jh. ausgeglichen werden. Man legte zu diesem Zweck unterschiedliche Steuerlisten an und sah sich gezwungen, für die Einwanderer eigene Kommandanturen zu schaffen. Zur Zeit der Früheren Song (420–479) scheint das Problem aber im Wesentlichen gelöst gewesen zu sein, denn die steuerliche Erfassung der gewöhnlichen Bevölkerung konnte vereinheitlicht werden.
Es ist ein starker Aufstieg des Buddhismus zu beobachten (z. B. unter Liang Wu Di), welcher den Konfuzianismus zwar nicht verdrängte, aber doch viel von seiner Wirkung nahm. Das hing zusammen mit der Lockerung der sozialen Bindungen in dem instabilen China. Werte wie Staat und Familie verloren an Bedeutung und man suchte durch alle Schichten hindurch einen Ersatz. Die Ausbreitung des Buddhismus erfolgte dabei von den Machtzentren und großen Städten aus, in denen er bereits um 300 stark vertreten war. Die Klöster entlang der Handelswege gewährten auch reisenden Kaufleuten und ihren Waren Unterkunft und ließen sich auf Geschäfte ein, und diese Symbiose mehrte ihren Reichtum und ihre Bedeutung.
Weiterhin sind kulturelle Besonderheiten hervorzuheben, denn die Lebensweisen zwischen Nord- und Süd-Chinesen unterschieden sich signifikant: Typisch für den Süden wurden in dieser Periode Landhäuser mit Gärten und diversen Annehmlichkeiten (Fischteiche usw.), natürlich nur für die Oberschicht und errichtet auf steuerfreien Gemeindeland. Mit der Errichtung dieser „Landhäuser“ (pieh-yeh) schwand das Gemeindeland dahin. Man hielt im Süden viel von Kunst-Dichtung und dem Konkubinat, bzw. in der Kaufmannschaft eher Freudenhäusern. Es gab auch Unterschiede im Musik-Geschmack, da über die „eingeborenen“ Konkubinen deren Musik Einzug hielt. Ferner entwickelten sich Unterschiede bei den Essgewohnheiten: in Südchina löste der Reis zwischen ca. 300 und ca. 600 den Weizen als Hauptnahrungsmittel ab und man aß mehr Gemüse und weniger Fleisch als zuvor.
Unter den Dichtern ist Tao Qian (365–427) zu erwähnen, der allerdings der damals üblichen Kunst-Dichtung mit ihren Anspielungen und gelehrten Wendungen fernstand und daher als zweitklassig galt. Unter den Kalligraphen ist es Wang Xizhi (307–365), er gilt bis heute als Vorbild. In der Malerei kam die Landschaftsmalerei auf, als Reproduktion des Universums im Kleinen. Ein bedeutender Maler war Gu Kaizhi (344–405).