Der Satz von Castigliano (nach Carlo Alberto Castigliano) ist Grundlage für verschiedene Berechnungsmethoden in der technischen Mechanik. Er beruht auf einem Energieansatz und ermöglicht die relativ einfache Berechnung ausgewählter Größen.
Die partielle Ableitung der in einem linear elastischen Körper gespeicherten Formänderungsenergie nach der äußeren Kraft ergibt die Verschiebung des Kraftangriffspunktes in Richtung dieser Kraft. Analog ergibt die partielle Ableitung der Formänderungsenergie nach einem Moment die Verdrehung des Balkens am Angriffspunkt dieses Momentes. Um die Durchbiegung an Stellen ohne Krafteinwirkung mit dem Satz von Castigliano bestimmen zu können, müssen an diesen Stellen Hilfskräfte eingeführt werden, die nach dem Ableiten zu Null gesetzt werden.
mit
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Verzerrungsenergie (Formänderungsenergie)
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= Anzahl der Bereiche
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= Index des jeweiligen Bereiches
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= Längen der Bereiche
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= verallgemeinerte Kraft
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= verallgemeinertes Moment
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= Biegemomente
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= Torsionsmoment
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= Längskraft
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= Querkräfte
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=Schubkorrekturfaktor des jeweiligen Querschnitts
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= verallgemeinerte Arbeitswege
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= lokale Koordinaten mit
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Der Satz von Castigliano gilt nur, wenn die Energie endlich ist, wenn die Ungleichung erfüllt ist. Es ist die Ordnung der Energie (= die höchste Ableitung in der Energie), , ist die Ordnung des Dirac Deltas (Einzelkraft, ) und die Dimension des Raums. Beispiel: Wird eine Scheibe, mit einer Einzelkraft, , belastet, dann gilt die Ungleichung nicht, . Auch im gilt sie nicht, . Ebenso nicht bei einer Membran (Laplace), , oder einer Reissner-Mindlin Platte, . Im gilt der Satz, wenn . Für und Probleme gilt der Satz im Allgemeinen nicht. Die Ausnahme ist die Kirchhoff-Platte, , denn . Aber schon ein Moment, , lässt auch die Energie einer Kirchhoff-Platte überlaufen, ?
Bei Differentialgleichungen zweiter Ordnung () gibt es zwei Dirac Deltas, (Einzelkraft), (Versatz) und bei Differentialgleichungen vierter Ordnung () vier Dirac Deltas, (Einzelkraft), (Moment), (Knick), (Versatz).[1]
Der Satz von Castigliano kann auch zur Berechnung statisch unbestimmter Größen verwendet werden. In dieser speziellen Form wird er dann als Satz von Menabrea bezeichnet. Der Satz von Menabrea besagt, dass die partielle Ableitung der Formänderungsenergie nach einer statisch unbestimmten Lagerreaktion gleich Null ist.
mit
= statisch unbestimmte Größen (deren Arbeitsweg jeweils Null sein muss)
= innere Ergänzungsenergie
Der Satz von Menabrea unterliegt derselben Restriktion wie der Satz von Castigliano, siehe oben. Er gilt nur, wenn die Ungleichung erfüllt ist. Es ist die Ordnung der Lagerreaktion, Einzelkraft , Moment . Bis auf die Kirchhoff-Platte und dort gilt er bei und Problemen i.a. nicht, weil die Präsenz von Punktlagern (= Einzelkräfte, ) unendlich große Energie zur Folge hat.[1]
- Carlo Alberto Castigliano: Théorie de l'équilibre des systèmes élastiques et ses applications. Nero, Turin 1879.
- Heinz Parkus: Mechanik der festen Körper. 2. Auflage. Springer-Verlag, Wien 1995, ISBN 3-211-80777-2
- Jens Wittenburg, Eduard Pestel: Festigkeitslehre – Ein Lehr- und Arbeitsbuch. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-540-42099-1
- Herbert Balke: Einführung in die Technische Mechanik – Festigkeitslehre. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-37890-7
- R. Mahnken: Lehrbuch der Technischen Mechanik – Elastostatik. 1. Aufl. Springer, Berlin 2015, ISBN 978-3-662-44797-0
- Christian Spura: Technische Mechanik 2. Elastostatik. 1. Aufl. Springer, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-19978-4.
- Hartmann Jahn: Statik und Einflussfunktionen vom modernen Standpunkt. 8. Auflage. Kassel University Press 2016, doi:10.17170/kobra-202401049323, Sobolevscher Einbettungssatz, S. 109, (PDF).
- ↑ a b Jahn Hartmann: Statik und Einflussfunktionen vom modernen Standpunkt. 9. Auflage. Kassel University Press, Kassel 2016, Sobolevscher Einbettungssatz, S. 109, doi:10.17170/kobra-202401049323.