Die Staatsanwaltschaft Hannover ist für die Ermittlung und Vollstreckung in Strafsachen im Landgerichtsbezirk Hannover zuständig. Dieser umfasst die Amtsgerichte in Hannover, Burgwedel, Hameln, Neustadt am Rübenberge, Springe und Wennigsen.[1]
Neben der Zuständigkeit für allgemeine Straftaten und solche aus dem Wirtschafts- und Umweltstrafrecht hat die Staatsanwaltschaft Hannover eine Sonderzuständigkeit für die
Bekämpfung gewaltdarstellender, pornographischer oder sonst jugendgefährdender Schriften,
Korruptionsstrafsachen,
Bekämpfung des politisch und religiös motivierten Terrorismus.[1]
Zudem hat die Behörde für das Land Niedersachsen die Sonderzuständigkeit für die Verfolgung von NS-Gewaltverbrechen, die zuletzt im August 2014 zu einer Anklage geführt hat (siehe NS-Prozesse).[2][3] Dabei arbeitete die Staatsanwaltschaft eng mit der jüdischen Gemeinde Hannover zusammen, die selbstständig Fälle und Zeugen ermittelte.[4] Im Hauptstaatsarchiv Hannover gibt es ein Findbuch zu den NS-Ermittlungsakten dieser Staatsanwaltschaft.[5]
Sie arbeiten in fünf Bereichen („Zentrale Aufgaben“ und vier Hauptabteilungen) und 18 Abteilungen, denen jeweils ein Oberstaatsanwalt vorsteht. Sie bearbeiten Strafsachen in Dezernaten gemeinsam mit Staatsanwälten sowie Ober- und Amtsanwälten. Die Akten führen Mitarbeiter in mehreren Serviceeinheiten.[7]
seit 2024: Oberstaatsanwalt Marcus Röske (kommissarisch)
2015 wurden bei der Behörde über 103.000 Verfahren gegen bekannte Täter und über 57.000 Verfahren gegen unbekannte Täter durchgeführt.[13] Nach Abschluss eines Verfahrens leiten die Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft die Strafvollstreckung ein,[14] über 17.000-mal 2015.[13]
Die Staatsanwaltschaft Hannover sieht sich besonderer öffentlicher Kritik ausgesetzt. Mehrere aufsehenerregende Fällen ließen einige Medien daran zweifeln, dass die Behörde objektiv arbeite. Der Oberstaatsanwalt Uwe Görlich unterhielt in den 2000er Jahren Verbindungen ins hannoversche Rotlichtmilieu am Steintor; ihm warf Christine Kröger vor, illegale Prostitution zu decken.[15] Im Justizirrtum um Ralf Witte wurde kritisch über die Ermittlungen der Behörde berichtet, die zum fünfjährigen ungerechtfertigten Freiheitsentzug führten; gegen die verantwortlichen Staatsanwälte wurde ein Verfahren wegen Rechtsbeugung eingeleitet.[16] Der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann bat 2009 wegen des Vorgehens der Staatsanwaltschaft Hannover bei Witte um Entschuldigung.[17]
Seit 2012 steht die Staatsanwaltschaft Hannover wegen zweier Ermittlungsverfahren gegen prominente Politiker unter stärkerer öffentlicher Beobachtung, ohne auf diese Sonderrolle vorbereitet zu sein.[18] Bei den Ermittlungen gegen die Politiker Christian Wulff 2012 und Sebastian Edathy 2014 wurde der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, Informationen aus den laufenden Verfahren an die Öffentlichkeit weitergegeben zu haben und im Umgang mit diesen prominenten Beschuldigten weder Maß gehalten noch ausreichende Erfahrung mit dem erhöhten Medieninteresse gehabt zu haben.[19] In dieser Sache ermittelte die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Göttingen 2015 auch gegen den vorgesetzten Generalstaatsanwalt am Oberlandesgericht Celle Frank Lüttig wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat, stellte das Verfahren jedoch ein.
↑Davon abweichend wird die Bauzeit 1952–1956 genannt für das „Landgericht“, dessen ursprünglicher Haupteingang zur Hamburger Allee ausgerichtet war. Das Gebäude wurde in den Jahren 1983–1985 in Teilen ersetzt durch höhere Neubauten der Architekten Storch & Ehlers für Landgericht und Staatsanwaltschaft; vergleiche Helmut Knocke, Hugo Thielen: Volgersweg 1. In: dies.: Hannover. Kunst- und Kultur-Lexikon. Neuausgabe, 4., aktualisierte und erweiterte Ausgabe. Zu Klampen, Springe 2007, ISBN 978-3-934920-53-8, S. 210.
↑Anke Quast: Nach der Befreiung. Jüdische Gemeinden in Niedersachsen seit 1945 – das Beispiel Hannover. In: Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geschichte des Landes Niedersachsen (nach 1945). Band17. Wallstein, Göttingen 2001, ISBN 3-89244-447-1, S.324.
↑Andreas Eichmüller: Die Datenbank des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin zu allen westdeutschen Strafverfahren wegen NS-Verbrechen. In: Jürgen Finger, Sven Keller, Andreas Wirsching (Hrsg.): Vom Recht zur Geschichte. Akten aus NS-Prozessen als Quellen der Zeitgeschichte. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-35500-8, S. 231–237, hier S. 232.
↑Die Bundesrepublik Deutschland. Teilausgabe Land Niedersachsen. Heymann, Köln 1976, S. 215 (Auszug); Die Bundesrepublik Deutschland. Staatshandbuch. Landesausgabe Land Niedersachsen. Heymann, Köln 1993, S. 167 (Auszug). Siehe auch Affären: Kompletter Idiot. In: Der Spiegel. 6. August 1990.
↑Fünf Jahre hinter Gittern – Staatsanwaltschaft verschwieg entlastendes Material. In: Panorama. Nr. 713, NDR, 25. Juni 2009, Ausschnitt der Sendung auf YouTube (Länge 7:27 Min.), Skript zur Sendung (PDF).
↑Friedrich Lindau: Hannover. Wiederaufbau und Zerstörung. Die Stadt im Umgang mit ihrer bauhistorischen Identität. 2., überarbeitete Auflage. Schlüter, Hannover 2001, ISBN 3-87706-607-0, besonders S. 326 (Digitalisat bei Google-Bücher).